Pilgern zum heiligen Jakobus im Zeichen der Muschel
Der Jakobsweg ist in den letzten Jahren zu einem der bedeutendsten touristischen Wege in Europa geworden. Er verbindet Natur, Kultur, Geschichte und Religion auf der Wanderung in Richtung des Grabes des Apostels Jakobus im nordwestspanischen Santiago de Compostella. Die im Mittelalter größte Wallfahrt der Christenheit erfährt seit den 60er Jahren und nachdem der Europarat den Weg zur ersten Kulturstraße Europas ernannt hatte ein Comeback. Die Motive für Wanderer auf dem Jakobsweg sind sehr vielfältig. Sie reichen von der sportlichen Herausforderung über kulturelle Motive und die Begegnung mit Menschen bis zu dem Wunsch, zur Ruhe und Besinnung zu kommen oder dem "Beten mit den Füßen". Je weiter man vom Zielort Santiago entfernt ist, umso zahlreicher, verschlungener und verborgener sind die Jakobswege. Zu deren Rekonstruktion bedarf es eines genauen Hinaufschauens in Kirchen, Kapellen, Stiften und ehemaligen Pilgerherbergen um Hinweise auf den Jakobskult zu entdecken. Auch in Süddeutschland bzw. auf der Zollernalb verläuft ein Netz von historischen Pilgerrouten.
Hier zwei Pilgeretappen von Wolfgang Meyer:
1. Etappe: Hechingen über Schlatt, Jungingen, Killer, Starzeln, Hausen, Ringingen, Burladingen (ca. 20 km)
Anfänglich links, später nur noch rechts der Bahnlinie führt der Weg über Schlatt nach Jungingen an der Wallfahrtskirche St. Sylvester vorbei, dort finden Sie rechts hinten ein Holzrelief mit Jakobus und ein Glasfenster mit einem Muschelträger. Franz Xaver, geboren bei Pamplona am Jakobsweg, war Missionar in China und Indien und beklagte sich über seine durchs Taufen müde gewordenen Arme. Eine weitere Jakobusfigur birgt die St. Anna Kapelle auf der Lehr. Entstanden um 1500. im Jahre 1743 erweitert, war sie vermutlich das erste Kirchlein in Jungingen. Auf dem Altar stehen die Figuren St. Anna und St. Jakobus d. Ältere, beide stammen von ca. 1500. Wir bleiben rechts der B 32, inzwischen ist der Rad/Fußweg zwischen Jungingen und Killer fertig.
In Killer besuchen wir die Kirche Mater Dolorosa mit ihrem außergewöhnlichen Jakobus, der vom Ende des 15. Jahrhunderts stammt. Er hat einen Schlitz im Knie und von hinten ein Türchen. Man konnte da Geld einwerfen. Für einen Stempel im Pilgerpass ist die Jakobusbruderschaft Killer A. D. 1510 zuständig (Telefonnummer: 07477 766). Kurz davor befindet sich auch das wohlbekannte Peitschenmuseum. Auch können Sie hier einen hervorragenden Honig vom Jakobsweg bekommen (Dr. Tanja Marquardt Telefonnummer: 07477 8673).
Mater Dolorosa in Killer
An der Decke finden wir im Gemälde von Franz Ferdinand Dent die Abbildung eines Jakobspilgers, der uns aber den Rücken zukehrt und wir deshalb keine Jakobsmuscheln erkennen können. Auf dem Bild hängt Jakobus (1488) rechts an der Wand. Ein Schlitz zum Geldeinwurf befindet sich am rechten Knie. Dieses Bild enstandt 2005 zu Fronleichnam.
Martinskirche in Ringingen
Maria "vom guten Rat" (Muttergottes von Genazano) ist von 1769 zu sehen, die ihr Ohr dem Jesuskind zuwendet. Mit dieser Darstellung erflehen sich die Pilger über die Mutter Gottes den göttlichen Schutz auf ihrer gefahrvollen Reise, einen Schutz wie ihn die Juden nach dem Auszug aus Ägypten und bei der Durchquerung des Roten Meeres erhielten.
„Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten. So konnten sie Tag und Nacht unterwegs sein. Die Wolkensäule wich bei Tag nicht von der Spitze des Volkes, und die Feuersäule nicht bei Nacht.“ (Exodus 13, 21-22)
Der kleine Junge prüft mit dem Fuß ob das Wasser hält und zeigt, dass hier ein kindliches Gottvertrauen zum glücklichen Ziel führen wird. Dieses Bild war einst die Prozessionstafel einer "Bruderschaft der Maria vom guten Rat", von ca. 1770, die aber Mitte des 19. Jh. aufgehoben wurde. Man nannte sie zum Ende hin nur die "Prügelwallfahrt".
Eine Variante des Jakobsweges geht über Starzeln und Hausen direkt nach Burladingen. Diese Strecke ist etwas kürzer. In Starzeln finden Sie weitere Übernachtungsmöglichkeiten.
Über die Martinskirche hat Jakob Nadler im November 2007 ein wichtiges Werk veröffentlicht: Kleine Kirchengeschichte der Pfarrgemeinde St. Martin in Ringingen. Es ist bei ihm persönlich zu beziehen, Telefonnummer: 07475 7702. Der Weg geht weiter hinauf nach Ringingen. Dort finden Sie einen Jakobus-Bildstock mit Jakobusbrunnen und ein interessantes Bild mit Pilgern in der Martinskirche. Eine dreiviertel Stunde später ist Burladingen erreicht. Dort ist die Fehla-Quelle im Zentrum ein bedeutsames Naturereignis.
2. Etappe: Burladingen, Gauselfingen, Neufra, Hettingen, Hermentingen, Veringenstadt (ca. 20 km)
Wenn es Sie nach etwas herzhaftem gelüstet: die Metzgerei Dehmer in der Hauptstraße 44, nur wenige Meter abseits vom Weg, bietet Pilgerwürste an. Burladingen Die katholische Fideliskirche, die keine Hinweise zum Jakobuskult enthält, ist einem Heiligen geweiht, der sich vor allem im Kampf gegen die Protestanten hervorgetan hat und dabei sein Leben verlor. Sehenswert aber ist die alte Georgskirche rechts der B32. Schräg links an der Hauptstraße bietet das China-Haus günstige Übernachtungen an Telefonnummer: 07475 1863.
Weiter geht es auf dem Radweg über Gauselfingen (Hotel Wiesental) und dem WIR-Projekt (auch für Gruppen geeignet) nach Neufra. Dort finden wir links oben die Hochbergkapelle. Sie ist 1762 eingeweiht worden und zeigt am linken Seitenaltar eine ähnliche Pilgerdarstellung wie in der Martinskirche von Ringingen. Das Gemälde ist wohl von Ambros Reiser und 1762 entstanden. Als Oberbild taucht wieder die Maria vom guten Rat auf. Da sie abseits vom Weg liegt, wird wohl keiner freiwillig den Berg hochlaufen. Sie ist in der Regel verschlossen. Danach kommt ein Stück unzerstörter Natur im Tal entlang der mäandrierenden Fehla.
Auf halbem Weg nach Hermentingen finden wir eine Grillstelle. Wir erreichen nach einer Forellenzucht das Tal der Lauchert, wenden uns nach rechts, gehen durch Hermentingen, Veringenstadt an der Wallfahrtskirche St. Maria in Deutschstetten vorbei, danach zur auf dem Felsen gebauten Kirche St. Nikolaus und Veringendorf (Kirche St. Michael, die älteste im Zollernalbkreis), dann nach Jungnau. Dort folgen wir einige Zeit einem alten Römerweg, gehen am Nollhof vorbei und erreichen Sigmaringen.
Literatur zu den Jakobuswegen:
Wolfgang W. Meyer: Jakobswege- Württemberg, Baden, Franken, Schweiz 7., neu bearbeitet Ausgabe, ca. 335 Seiten, ca. 125 Abb. und Karten, 2009 Silberburg- Verlag
Karin Gessler: Unterwegs auf Jakobuswegen: Pilgerwege und Wallfahrtszeile zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, 2009, Silberburg- Verlag